Rumo Begins

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 (10/17)

Heute ist es so weit. Heute beginnt es. Ich blicke aus dem Fenster. Falten auf der Stirn und zum Schlitz verengte Augen zeugen von meiner Entschlossenheit. Bald fällt die Nacht über die Stadt her. Gleich verschlingt die Dunkelheit die Straßen. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Heute beginnt es.

Zur Vorbereitung habe ich mir „Exit Through The Gift Shop“ und „Batman begins“ gleichzeitig auf zwei Bildschirmen angeguckt. Mein Hirn, meine Psyche, vorbereitet. Endlich auf die Straße. Meinen Platz in dieser Welt finden. Ihr meinen Stempel aufdrücken. Heute beginnt es.

Ich male mir aus, wie ich von Dach zu Dach springe. Aus Schatten gleite. Mein Zeichen mache. Wieder in der Dunkelheit verschwinde. Ungesehen und geheimnisvoll.

Plötzlich reißt mich ein Donnern aus meinen Gedanken. Ein Läuten. Kirchenglocken. 12 Uhr. Meine Augen öffnen sich wieder gänzlich. Es ist noch Zeit. Der Tag hat erst begonnen. Ich mach mir erst mal einen Tee zur Beruhigung.

57 Kippen und zwei Bier später: Ich packe meinen Koffer. Ich nehme mit: Stencil. Dosen : Schwarz. Sixpack. Kippen. Kippen. Kippen. Handschuhe. Portemonnaie. Perso drin. Ignoriere meine schwitzenden Hände. Den schneller werdenden Herzschlag. Die Nervosität.

Ich verlasse das Haus. ÜBERALL BULLEN. Nein. Die Straßen sind leer. Alles gut. SIE SIND NUR GUT VERSTECKT. Halt die Fresse.

Die weichen Knie machen jeden Schritt zu einem Balanceakt. Die Straße zum Drahtseil. Doch ich schreite voran. Bleib stehen. Öffne ein Bier. Entzünde eine Kippe. Geh weiter. Vorbei an Throw-up und Pieces. Muss meinen Platz noch finden. Eine Lücke finde. Oder es sich einfach machen. Einfach drüber. Mit einem dummen, hohlen Grinsen. Respektlose Gedanken. Arschlochstyle. Verworfen. Nicht mein Stil. Ich schreite vorbei. Bewundere Dosenführung und Farbwahl.

Ein Geräusch. Ein Rascheln. Schrecke zusammen. Verharre. Stille. Nehme nur wahr wie Schweißtropfen sich ihren Weg über mein Gesicht suchen. Nehme einen tiefen Zug von meiner Kippe. Blicke mich um. Nichts. Ausgestorben. Tiefschlaf. Gehe. RASCHELN. Blitzschnell dreh ich mich um. Immer noch nichts. Mein Ziel ist noch nicht erreicht. Ruhe bewahren. Es muss weiter gehen. Doch das mulmige Gefühl bleibt. Schritt. Rascheln. Schritt. Rascheln. Ich zieh meinen Rucksack fest und renne los. Schweißtropfen schließen sich zu einem Bach zusammen. Es geht um Leben und Tod. Lauf! Um die Ecke. In die Straße. Nächste Ecke. Straßenseite wechseln. Meine Schritte hallen in den leeren Gassen wieder. Straßenlampen lassen meinen Schatten über die Häuser hetzten. In einem Hauseingang lass ich mich nieder und öffne ein neues Bier. Drei Schlucke. Leer.

Ich darf mich nicht verrückt machen. Ich bin ein Partybesucher auf dem Heimweg. Ein unbescholtener Bürger, der durch die Straßen seiner Stadt zieht. Ich fahre mir mit einer Hand durch meine Haare und zünde mir eine Kippe an. Ich lehne mich nach hinten gegen die Haustür. Puste Rauch gen Himmel und denke an den Abend, als ich mich entschloss Kunst zu machen. Mein Inneres rauszulassen.

Ich kippe ihm und mir zwei Gläser voll. Mische. Vorglühen. Wir haben uns einen Liter Vodka geholt und dieser muss weg. Später geht’s dann noch auf eine Party von einem bekannten Irgendwas. Als ob der Anlass zu trinken einen Rolle spielte oder irgendwie wichtig wäre.

Nach der halben Flaschen fangen wir an aus dem Fenster in den Garten der Nachbarn zu pissen. Nach ¾ der Falsche geben wir uns nicht mal mehr Mühe bis zum Fenster zu gehen.

Die Flasche ist endlich leer und es kann losgehen. Wir sind ziemlich dicht und es dauert seine Zeit bis wir aufstehen und aus seiner Wohnung finden. Irrgarten. Ich geh vor und seile mich vorsichtig das Treppenhaus runter. Unendlich stolz komm ich unten an und brülle, dass ich es geschafft habe. In diesem Moment schlägt mein Kollege neben mir auf. Er knallt mit dem Kopf voran auf den harten Boden und ein roter See bahnt sich seinen Weg durch die Rillen der Fliesen. Ich ziehe meinen Hut vor ihm und gehe raus.

Die Party ist nicht weit weg von meiner Bude, keine Ahnung, warum wir bei ihm vorgeglüht haben. Vorgeglüht… ich brenne förmlich. Im Kiosk um die Ecke hol ich mir noch ein Bier für den Weg. Eine moderne Uhr – genau als ich ankomme, ist das Bier in mir verschwunden.

Reihenhaus. Der Typ wohnt bei seinen Eltern und ich kenne ihn nicht wirklich. Vom Sehen. Vom Ignorieren. Er ist vom Gästeansturm sichtlich irritiert. Nervös. Überfordert. Wollte doch nur dazu gehören. Cool sein. Wahrgenommen werden. Das wird teuer. Ich werde reingelassen. Ich gucke mich um und geselle mich zu meinen Leuten. Wir reden und trinken. Trinken und reden. Das Reden füllt nur die Lücken zwischen dem Nippen an unseren Getränken. Ein Zeitvertreib.

Ich muss mich bewegen. Kreislauf in Schwung bringen. Wenn ich es nicht tue, tut es meine Umgebung. Karussell.

Ich geh auf Entdeckungsreise. Ein moderner Indiana Jones. Ich weiß, die Schätze sind meist im Keller versteckt und begraben. Gleich links neben den Leichen. Es wird vielleicht nicht leicht werden, aber ich gehe nicht ohne leere Hände nach Hause.

Ich habe Recht. Jackpot. Der Alkoholvorrat seiner Eltern. Steven Spielberg geht mit der Kamera in die Totale, um die gesamte Größe des Schatzes einfangen zu können. Ich mach meinen Rucksack voll und geh wieder hoch. Ich will mir weiter das Haus angucken. Muss. Stillstand ist mein Tod.

Treppen. Ich hangel mich todesmutig von Sprosse zu Sprosse des Geländers. Man darf nie runter sehen. Bloß nicht runter gucken. Einfach weiter klettern. Plötzlich bricht eine Sprosse unter meinem Gewicht raus. Agil wie ein Schimpanse auf LSD greife ich zur nächsten. Dieses Haus wird nicht mein Grab.

Als ich ganz oben angekommen bin, blicke ich stolz hinab in den Abgrund. Verdutzte Leute starren mir entgegen. Sie stehen oder sitzen auf den Treppenstufen und unterbrachen ihre Konversation, um meinen Überlebenskampf zu verfolgen. Ich reiße meine Faust hoch. Mir fällt kein passender Satz ein, doch meine Augen sagen alles. Sieg. Erfolg. Entschlossenheit. Ich wende mich von meinen Fans ab. Genug Beweihräucherung. Ich darf mein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Meinen Abenteurergeist nicht dem Ruhm opfern. Neben einer Toilette, in der ich mich erfolglos erleichtere, entdecke ich noch einen Raum. Das Licht des Flures fällt geradewegs durch den Türspalt auf eine Matratze. Ein Zeichen Gottes. Ruhe ist wichtig. Damit man mit klarem Verstand weiter voranschreiten kann. Ich entschließe mich kurz zu ruhen.

Als ich aufwache, bin ich durchnässt. Silhouetten schimmern um mich herum. Stimmen sprechen. Zu hell. Zu laut. Ich drehe mich um. Will nicht nass aufmachen. Wird schon trocknen.

Alter! Wir haben uns Sorgen gemacht! Wir versuchen seit einer Stunde dich zu wecken!“ Irgendjemand gönnt mir meine Ruhe nicht. Arschloch. Ich öffne vorsichtig ein Auge. Lastwagen ziehen ist ein Kinderspiel dagegen.

Digger, wir haben dir ins Gesicht geschlagen, Wasser über dich gekippt! Alles! Keine Chance! Alter, was haste alles intus?“ Ist das echte Besorgnis oder wollen sie nur Kontakt mir ihrem Idol?

Ich bin genervt und schreie sie an: „NICHT MA IN RUHE SCHLAFEN KANN MAN HIER!!! AUTOGRAMME GIBT´S SPÄTER, IHR PISSER!“ Ich richte mich viel zu schnell auf. Alles dreht sich. Sterne funkeln in meinem Sichtfeld. Scheiß Filter. #nofilter, bitte. Die Sicht klärt sich. Realität bahnt sich an.

Alles ist gut. Ich bin wieder nüchtern! Mir geht’s es super! Ich kann weiter trinken!“ Ich stoße auf. Reiß die Hand vor den Mund. Meine Augäpfel drücken sich aus ihren Höhlen und suchen panisch ein Behältnis. Ich versuche verzweifelt den Leuten telepathisch mein Bedürfnis näher zu bringen. Ob es Telepathie oder meine Mimik und Gestik war, wird sich wohl nie ganz klären, doch ein Eimer wird mir gereicht. Wie Interessenten bei einer Wohnungsbesichtigung in der Schanze stürmt mein Mageninneres den Eimer. Ich kotze den Kübel bis zum Anschlag voll. Geschafft. Meine Augen tränen und ich sehe nur verschwommen mein Werk, dennoch präsentiere ich es stolz den anwesenden Leuten. „Ha! Ich habe reingetroffen und das Ding vollgemacht!“, gebe ich ihm einen Titel. Ich will es den anderen im Haus zeigen und renne die Treppen runter. Meine Begeisterung wird von meinem Körper nicht geteilt. Die Koordination macht gerade einen Neustart und ich verpasse eine Stufe. Ich lasse den Eimer los, um mich am Geländer fest zu halten. Schaffe nicht es zu greifen. Koordination wird upgedatet. Dies kann einige Minuten dauern. Ich fliege am Eimer vorbei. Der Inhalt des Behältnisses verteilt sich im kompletten Flur. Die Wand, die Stufen, die Bilder, alles ist getränkt in meiner letzten Mahlzeit und Magensäure. Moderne Kunst. Ich liege unten am Boden und lach mich tot. Ich krieg mich nicht mehr ein. Ich rolle auf dem Boden umher und kann mich nicht mehr einkriegen vor Lachen. 10 von 10 Punkten. Das war grandios.

Der Typ, der hier wohnt, steht über mir. Genervt. Verzweifelt. Überfordert. Uncool. Er stellt einen Eimer mit Wasser und einen Lappen neben mich. Ich soll putzen. Ich richte mich auf. Update 100%. Geh an ihm vorbei und hol mir ein Bier. Ein Kühles. Um den Säureanschlag in meinem Rachen zu verpflegen.

In der Küche angekommen, bekomme ich Konkurrenz. Jemand oder etwas liegt dort. Wie eine Qualle am Strand versucht sein Fett sich auf der neuen Oberfläche auszubreiten. Es dauert etwas bis ich herausfinden kann, was welches Körperteil ist. Scheinbar liegt er auf dem Rücken. Er erbricht sich. Die Kotze strömt hoch und regnet wieder nieder auf sein Gesicht. Er hört nicht auf. Es sprudelt aus ihm raus. Springbrunnen.

Haha, scheiße, Mann! Wir dekorieren noch das ganze Haus um! Haha! Du hast gewonnen. Dagegen kann ich nicht ankommen! Du bist der Meister! Künstler! Selten so was Schönes gesehen.“ Ich kann nicht mehr. Ich heule schon vor Lachen.

Ich suche mir trockene Stellen, ALLES ANDERE IST LAVA, und hüpfe mich zum Kühlschrank durch. Stecke mir zwei Bier ein und geh wieder hoch. Lasse mich auf den Boden sinken, lehne mich gegen die Wand und gucke dem Typen, der hier wohnt, beim Putzen zu. Als er fertig ist, bin ich es auch. Ich weise ihn darauf hin, dass er eventuell mal in der Küche vorbeischauen sollte und gehe heim. Ich schnappe mir meinen Rucksack und will das Haus verlassen. Im Eingangsbereich werde ich brutal gestoppt. Ein Spiegel bannt mich mit seinem Bild vor sich. Zwingt mich, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Hier sind nur Assis unterwegs. Schlechte Menschen. Irgendein Pisser hat mir was auf die Stirn geschrieben. Mit Marker. Permanent Marker. Quasi eintätowiert. Sie haben meine Minuten der Ruhe schamlos ausgenutzt. Arschlöcher. Von wegen Sorge. Von wegen Angst. Sie konnten es nur nicht mehr abwarten, meine Reaktion darauf zu sehen. Doch diesen Erfolg gönne ich ihnen nicht. Ich reiße mich zusammen. Lasse mir nichts anmerken. Verlasse diesen Ort der Sünde.

Es sollte mit Sicherheit „Penis“ heißen. Da bin ich mir sicher. Doch kaum Bildungsetat. Schulen werden nicht saniert. Keine Lehrer. Ich kann da, mit viel Phantasie und Wohlwollen, bestenfalls „Rumo“ lesen.

Seit dem Abend trinke ich keinen Hochprozentigen mehr. Bier reicht. Lange ist´s her. Mit den meisten Leuten von damals hab ich keinen Kontakt mehr. Ich glaube, aus dem Gastgeber ist nun ein Polizist geworden. Ich glaube, nur solche Leute werden Polizisten.

Ich bitte vielmals um Verzeihung, aber benötigen Sie die Flasche noch?“ Eine zittrige, sanfte Stimme haucht mir zu und zieht mich aus meinen Gedanken. Ich möchte an meiner Kippe ziehen, doch diese ist schon bis zum Filter runter gebrannt.

Ich möchte gewiss nicht unhöflich sein und könnte verstehen, wenn Sie sie noch bräuchten.“ Ich erblicke eine ältere Dame mit weißem, langem Haar. Ihre gutmütigen, hellblauen Augen sind auf mich gerichtet. Ein mildes Lächeln im von den Jahren gezeichneten Gesicht. Eine Falte für jeden Verlust. Jedes Abenteuer. Jeden Schmerz und jede Freude. Sie muss früher unfassbar hübsch gewesen sein. Dieser Zauber umgibt sie noch immer, auch wenn eine schwere Traurigkeit sie nun zu begleiten scheint. Ihr Lächeln und ihre leuchtenden Augen sind jedoch keinesfalls falsch. Ehrlich und außergewöhnlich, doch die leichte Trübung lässt sich nicht verleugnen. Das Spiel ihrer Haare im Wind verleiht ihr ein engelsgleiches Antlitz.

Quatsch. Gar kein Problem.“ Ich reiche ihr die Flasche. Ihre Hand kommt mir entgegen. Sie gleitet aus dem Ärmel ihres seidenen, fast nur noch durch Flicken zusammengehaltenen Nachthemdes. Schmutzig und rau. Teilweise mit Pflastern behaftet und mit Narben übersäht ergreift sie die Flasche.

Oh, vielen, vielen Dank“, sagt sie.

Haben Sie vielleicht Hunger? Ich könnte was vertragen. Der Dönerladen um die Ecke hat sicher noch offen. Ich lade Sie natürlich ein“, schlage ich vor.

Behalten Sie Ihr Geld ruhig für sich. Verschwenden Sie es nicht für mich. Vielleicht bin ich morgen schon tot und Ihnen fehlt es dann.“ Ihr Lächeln verliert sie dabei nicht. Es wird eher strahlender und einnehmender.

Ach, dann rauche ich halt morgen nur die Hälfte. Dann ist das Geld wieder drin. Sie können es ja als Henkersmahlzeit sehen“, lächle ich zurück.

Das ist wirklich sehr nett von Ihnen. Doch ich habe heute Nacht noch einiges zu tun. Meine müden Knochen tragen mich nicht mehr so weit. Ich muss mich beeilen und weiter. Ich danke Ihnen für die Flasche.“

Bevor ich noch etwas erwidern kann, schwebt sie davon. Verschwindet im Nichts.

Weiter sollte ich nun auch. Ich steh auf. Los geht’s. Rascheln. Schritt. Rascheln. Ich zieh wieder meinen Rucksack fest. Geh. Nichts. Lass meinen Rucksack los. Rascheln. Ich atme erleichtert auf. Freue mich noch mehr über die leeren Straßen. Die Flucht vor mir selbst hat keiner gesehen. Doch sie hat ihr Gutes. Ich spüre es jetzt. Es ruft mich. Ist genau vor mir. Mein Platz. Mein Quadratmeter. Da ist er. Perfekt. Jetzt ist es so weit. Jetzt. JETZT. Fuck. Fuck. Fuck. Entpann dich. Alles gut. Eine rauchen. Straße beobachten. Safty first. Sichergehen, dass niemand da ist.

Ich knie mich vor die Wand. Öffne meinen Rucksack. Schritte. Ich schrecke zusammen und ziehe meinen Rucksack wieder zu. Ein junger Mann schließt die Haustür neben mir auf und verschwindet ihn ihr. Ich warte. Das Licht im Treppenhaus geht aus. Ich beginne wieder zu atmen. Ein schneller Blick nach links uns rechts. Rucksack auf. Stencil raus. Schritte. Atmung wird einstellt. Ein Pärchen geht an mir vorbei und streitet lauthals. Sie verschwinden hinter einer Ecke. Ich keuche und meine Lunge füllt sich wieder mit Sauerstoff.

Grrr. Ich beiße die Zähne zusammen. Greife nach der Dose im Rucksack. Schüttel. Entferne den Deckel. Mit einer Hand drücke ich das Stencil an die Wand. Mit der anderen führe ich die Dose immer näher heran. Eine Böe erfasst die Schablone und sie weht wie die amerikanische Flagge in einem Wahlwerbespot. Scheiße. Ich versuche umzugreifen, doch meine Hand ist zu klein. Oder das Stencil zu groß. Gesundes Selbstbild. Eine Hälfte flattert immer im Wind.

Schritte. Ich breche die Mission ab. Setz mich schnell auf den Boden und blicke unschuldig in die Luft. Ein Typ schreitet an mir vorbei. Seine Augen kleben an mir. Ich gucke weiter unauffällig gen Himmel. Als auch er endlich weg ist, mach ich mich wieder ans Werk. Doch wo ist die scheiß Schablone. Ich suche hektisch die ein bis zwei Quadratmeter um mich erfolglos ab.

Ein kratziges Geräusch weist mich darauf hin, dass der Wind sie ergriffen hat und durch die Straße prügelt. Ich springe auf und hetzte hinterher. Trete auf das Stencil bevor es unter einem Auto verschwinden kann. So, scheiß auf alles. Ranhalten. Sprühen. Fertig. Ich gehe mehr wütend als nervös zurück zur Wand. Klatsche das Stencil an die Wand. Halte es so gut es geht fest und drücke auf den Sprühknopf. Fertig.

Vorsichtig entferne ich die Schablone. Ignoriere, dass ich die Handschuhe vergessen habe und nun eine schwarze Hand habe, und betrachte mein Werk. Meine Augen füllen sich mit Tränen. Mein Grinsen geht nun von einem Ohr zum anderen. Befriedigung. Es ist geschafft. Hab mich verewigt. Mit stolz geschwellter Brust packe ich meine Sachen zusammen. Die Schablone klebt an meiner Hand. Als ich sie abschütteln und einpacken will, zieht sie den Freitod vor und reißt an einigen Stellen. Das ist mir nun alles egal. Ich bin nun ein Streetartist.